Unter den älteren Büchern, die bei Gründung der DVW-Bibliothek fast schon als veraltet gelten mussten, findet sich das 1854 in dritter Auflage in Weimar erschienene Handbuch der höheren und niederen Meßkunde oder gründliche Unterweisung in der gewöhnlichen Feldmeßkunst, sowie zu größeren geodätischen Aufnahmen, zu geographischen Triangulirungen, barometrischen Höhenmessungen, zu Nivellements und zum Gebrauch der Instrumente / Nach dem neuesten Standpuncte der Wissenschaft bearbeitet von Dr. Fr. W. Barfuß.
In der Bibliothek des Förderkreises vermessungstechnisches Museum e. V. ist es bereits vorhanden, und es liegt auch als Scan aus Chicago bei Google Books sowie in den Digitalen Sammlungen der bayerischen Staatsbibliothek vor. Am Verlagsort Weimar fehlt die Ausgabe bislang, so dass sie nun 170 Jahre nach Erscheinen dorthin in die Herzogin Anna Amalia Bibliothek zurückkehrt.
Der Autor Friedrich Wilhelm Barfuß ist trotz seiner Mitwirkung bei der Berechnung und Konstruktion von Linsensystemen für Carl Zeiss heute so gut wie vergessen. Es gibt keinen Wikipedia-Eintrag und auch in der GND ist er nur rudimentär mit seinem Geburtsjahr und -ort verzeichnet. Dabei mangelt es nicht an biografischen Informationen, allerdings versteckt in der älteren Literatur. In der Geschichte und Beschreibung der Fabrik- und Handelsstadt Apolda und deren nächster Umgebung liefert Julius Constantin Kronfeld folgenden Lebenslauf:
Dr. Wilhelm Barfuß, geb. d. 23. März 1809, war der Sohn des Strumpfwirkers Joh. Friedr. Barfuß. Trotz der großen Begabung wäre es bei der Mittellosigkeit seiner Eltern dem Knaben doch nicht möglich gewesen, das Gymnasium in Weimar besuchen zu können, wenn sich nicht sein Lehrer, der Rektor Mögling ins Mittel geschlagen und durch warme Befürwortung bei den Mitgliedern der Erholungsgesellschaft zu Apolda freiwillige Beiträge zur Bestreitung des Aufwandes für die wissenschaftliche Laufbahn des jungen Barfuß gesammelt hätte. Durch seinen eisernen Fleiß machte er bald in allen Unterrichtsfächern, ganz besonders in Mathematik und Physik so rasche Fortschritte, daß ihm von allen Seiten sowohl in Weimar als auch später in Jena die reichlichsten Unterstützungen zu theil wurden. Sein fleißiges Studium verschaffte ihm in der Mathematik, Physik und Astronomie eine reiche Fülle von Gelehrsamkeit. Als er im Jahre 1837 für die „astronomischen Beobachtungen“ eine tiefgelehrte Abhandlung geliefert hatte: „Beitrag zur Theorie der astronomischen Strahlenbrechung“, so sprach sich der berühmte Astronom Bessel in der anerkennendsten Weise über den jungen Gelehrten aus. Nach absolvirten Studien entschloß er sich, vorläufig die Stelle eines praktischen Geometers zu übernehmen und so wurde ihm das Eisenacher Oberland als Wirkungskreis angewiesen. Der dortige Aufenthalt, so wenig er auch sonst seinem ganzen Wesen zusagte, wurde Veranlassung zur Herausgabe des Lehrbuchs über die Feldmeßkunst, das in mehreren Auflagen erschienen und weit und breit in Deutschland und den angrenzenden Ländern als eins der bedeutendsten unter den neueren Werken über praktische Geometrie rühmlichst bekannt ist. Außer diesem sind von ihm noch Werke erschienen über Geschichte der Uhrmacherkunst, über Optik und Perspective; besonders aber ein Lehrbuch der mathematischen Analysis. Von seinen praktischen Arbeiten aus dem Eisenacher Oberlande zurückgekehrt, privatisirte er in Weimar und ertheilte Privatunterricht in Mathematik und Physik. Er ist Mitbegründer der Versicherungsgesellschaft „Vorsicht“ in Weimar, welche später in die „Germania“ zu Stettin überging. Am 13. Aug. 1854 starb er ganz plötzlich in Folge eines Schlaganfalles.