Unbekannt war bislang allerdings der Verbleib seiner im vorigen Blogbeitrag als PDF-Digitalisat mit Volltext präsentierten Lebenserinnerungen, die 1903 in zwei Teilen im Selbstverlag erschienen. Die Zeitschrift für Vermessungswesen (1902, S. 272) hatte sie wie folgt angekündigt:
In öffentliche bzw. wissenschaftliche Bibliotheken ist das Druckwerk nicht gelangt. Wohl aber hat der Deutsche Geometer-Verein das Druckwerk in seine Vereinsbibliothek aufgenommen. In der nunmehr aufgelösten DVW-Bibliothek hat das Unikat die Zeiten überdauert und konnte nun als Grundlage dienen, den „in gedrängter Kürze“ auf 120 Seiten authentischen Bericht als Digitalisat bereitzustellen:
Um auf die Überschrift mit der Erleuchtung zurückzukommen: Die amüsante Lektüre kann durchaus einige Erleuchtung verschaffen, wie vor 160 Jahren die Grundsteuervermessung in den östlichen preußischen Provinzen ablief und wie die dabei im wesentlichen eingeflossenen älteren Separationskarten entstanden. Gewählt habe ich die Überschrift aber aus einem ganz anderen Grund. Dank Volltextrecherche in digitalisierten Zeitschriftenarchiven findet man ja heutzutage alles mögliche, wenn man beispielsweise nach „Obergeometer Gehrmann“ fahndet. Ein solches Fundstück ist die folgende Annonce aus der Magdeburgischen Zeitung vom 11. Februar 1863. Darin werden zum Eintritt in das Kataster-Rechen-Bureau unter Leitung Gehrmanns brauchbare „Rechengehülfen“ gesucht, die man neben der Bezahlung mit „2/3 bis 3/4 der tarifmäßigen Feldmessergebühren“ damit anlocken wollte, dass „während der Arbeitszeit Local, Heizung und Erleuchtung unentgeltlich gewährt wird.“ 😉
Heute etwas Technisches: zur Abwechslung will ich an dieser Stelle einmal meinen Workflow skizzieren, wie sich Buchscans mit einem Bündel freier Software unter Windows oder Linux effizient in hochaufgelöste und schlanke, durchsuchbare schwarz-weiß PDFs wandeln lassen. Die vorgestellte Vorgehensweise, bei der eine optimierte Bild-PDF am Ende mit dem OCR-Ergebnis überlagert wird, liefert bei gleicher Qualität rund 25% kleinere Ergebnisse als die direkte Erzeugung von OCR-PDFs mit tesseract und anschließender PDF-Optimierung.
Zur Prüfung, ob beim Arbeitsschritt „Inhalt auswählen“ alle Seitenzahlen oder sonstige Marginalien einbezogen wurden, hilft die Sortiermöglichkeit der Seiten nach aufsteigender Höhe bzw. Breite (rechte Spalte ganz unten).
Da die Seitenränder später im PDF definiert werden, reicht es für die jetzt erzeugten TIFFs im Schritt „Ränder“ ein Rand von je 1 mm („Anwenden auf …“ → „Alle Seiten“ nicht vergessen).
Um bei nur teilweise gefüllten Seiten die ursprüngliche Anordnung der Textblöcke beizubehalten, sollte man im gleichen Schritt unter „Ausrichtung“ mit der Einstellung „Original“ experimentieren.
2. img2pdf
Im nächsten Arbeitsschritt fasse ich die von Scantailor standardmäßig im Unterverzeichnis \out abgelegten TIFF-Dateien mit dem Kommandozeilentool img2pdf (Windows-Version unter gitlab.mister-muffin.de/josch/img2pdf/releases) in einer PDF zusammen, wobei die TIFFs beim Einbinden unverändert bleiben. Ein A4-PDF mit 1 cm Rand erzeugt man so:
img2pdf -o out.pdf -S A4 -b 1cm *.tif
Für DIN-A5 mit bspw. 6 mm Rand passt man die Parameter wie folgt an, wobei zusätzlich auch weitere Parameter für die PDF-Metadaten angegeben werden können:
Hinweis: Damit das Kommadozeilenprogramm in jedem Verzeichnis ausgeführt werden kann, muss unter Windows der Verzeichnispfad der Anwendung vollständig aufgerufen oder zur PATH-Umgebungsvariablen hinzugefügt werden.
Alternative: Wer statt eines Kommandozeilentools lieber mit grafischer Benutzeroberfläche arbeitet, kann unter Windows die PDFill PDF Tools nutzen, Menüpunkt 9 Convert Images to PDF.
3. pdfsizeopt
Für möglichst kompakte PDFs können mit pdfsizeopt (Windows-Version: https://github.com/pts/pdfsizeopt/releases) nun die in der soeben erzeugte out.pdf eingebetteten Binärbilder weiter optimiert und in der Größe reduziert werden. Das für monochrome Bilder geeignete JBIG2-Kompressionsverfahren ruft man damit folgendermaßen auf:
Nun wird mittels ghostscript aus der gerade erzeugten opt.pdf oder der inhaltsgleichen out.pdf ein Multipage-TIFF erzeugt. Nötig ist dieser Schritt nur, weil die OCR-Software Tesseract kein PDF einlesen kann. Auch die von ScanTailor erzeugten TIFFs können nicht direkt für die OCR verwendet werden. Wegen des individuell festgelegten DIN-Zielformats und der zusätzlichen Seitenränder wäre der OCR-Layer später nicht deckungsgleich zum PDF. Um aus der vorliegenden out.pdf eine mehrseitige schwarz-weiss-TIFF-Datei zu erzeugen, startet man ghostscript auf der Kommandozeile wie folgt:
Dass die in die Texterkennung einfließende out.tif größer als die Ausgangs-PDF ist, muss nicht stören. Nach der OCR im nächsten Schritt wird sie ohnehin wieder gelöscht.
5. Tesseract
Unter Windows holt man sich die OCR-Software Tesseract am besten unter github.com/UB-Mannheim/tesseract/wiki. Das Projektteam OCR-BW an der Unibibliothek Mannheim stellt zugleich eigene Tesseract-Modelle zum Download bereit, die deutlich bessere Ergebnisse bei der Texterkennung von Fraktur liefern als die Standardmodelle frk und script/Fraktur. Von OCR-BW empfohlen wird das Modell frak2021_1.069.traineddata. Installieren lässt es sich ganz leicht, indem man die Datei dem entsprechenden Ordner (Standardpfad in Windows: C:\Program Files\Tesseract-OCR\tessdata) zu den übrigen Schrift- bzw. Sprachmodellen hinzufügt. Für leichtere Aufrufe kürzt man den Dateinamen z.B. in frak.traineddata.
Mit folgendem Kommandozeilenaufruf wird die Erzeugung des OCR-Textlayers text.pdf angestoßen, wobei zu Kontrollzwecken gleich noch eine Textdatei text.txt mit dem erkannten Volltext ausgegeben wird:
tesseract out.tif text -l frak -c textonly_pdf=1 pdf txt
6. pdftk
Zu guter Letzt wird nun mit der Funktion multibackground des PDF-Werkzeugs PDFtk Server der OCR-Textlayer text.pdf in die JBIG2-optimierte opt.pdf eingebunden:
Jetzt muss nur noch ein wenig aufgeräumt werden. Die in ocr.pdf eingeflossenen Zwischenprodukte out.pdf, opt.pdf, out.tif sowie text.pdf können getrost gelöscht werden. Gleiches gilt für die im Endprodukt enthaltenen schwarz-weiß TIFF-Dateien aus der ScanTailor-Bearbeitung im out-Verzeichnis.
Zu den eher seltenen Vermessungs-Zeitschriften gehören die von 1899 bis 1914 erschienenen Mitteilungen der Vereinigung selbständiger in Preußen vereideter Landmesser zu Berlin. Außer in der aufgelösten ehemaligen DVW-Bibliothek, wo die Jahrgänge 3.1901 bis 15.1913 die Zeiten überdauert haben (Abb. 1), sind auschließlich folgende, jeweils unvollständige Überlieferungen bekannt:
Die einzig und allein in Münster nachgewiesene erste Nummer erschien vor 125 Jahren am 22. März 1899. Laut dem Geleitwort des Vorstands war das neue Verbandsorgan als Bindeglied zur Wahrung und Förderung der gemeinsamen Standesinteressen gedacht. Man verstand sich „als Sprachrohr dessen, was der Landmesser in der Privatpraxis wünscht und empfindet“. Der Umstand, dass die „Mitglieder über die ganze Monarchie zerstreut sind“ und darum nur vereinzelt die Hauptversammlungen besuchen könnten, erfordere zudem, im Vereinsorgan zu den drängenden Vereinsfragen „Fühlung zu nehmen“ und sich „im engen Kreise Gleichinteressirter auszusprechen“. Daher wolle man „keine gelehrten und formelgespickten Abhandlungen bringen“, sondern „in sachlicher, schlichter Form“ hauptsächlich Fragen der praktischen, nutzbringenden Berufsausübung behandeln. Nicht zuletzt solle die Zeitschrift jedem einzelnen Mitglied Gelegenheit bieten, „Klagen und Wünsche … zur Kenntnis der Gesamtheit zu bringen“ und darüber „zum Austausch der Meinungen und Erfahrungen“ anregen.
Mehr als ein Heft ist im ersten Jahrgang zunächst nicht erschienen. Während der als Schatzmeister gewählte Erfurter Landmesser Curt Schade lediglich „i. V.“ als Schriftleiter der ersten Ausgabe fungierte, übernahm in der Folge der Liegnitzer spätere Verbandsvorsitzende Alexander Wollenhaupt das Ruder. Unter seiner Ägide entstanden im Jahr 1900 zunächst vier und 1901 bereits sechs Ausgaben des neuen Mitteilungsblattes im Umfang von jeweils rund 30 Seiten im Oktavformat.
Das Spektrum der behandelten Themen war breit gefächert. Selbstredend standen Standesfragen der selbständigen Landmesser im Mittelpunkt. Es ging um Gebühren, Titel und Ausbildung. Spezielle Fragen der Ausführung von Fortschreibungsvermessungen wurden genauso thematisiert wie beispielsweise die seit Inkrafttreten des BGB diskutierte Teilnahme der Katasterangaben am öffentlichen Glauben des Grundbuchs (Mitt. 1903, S. 46-55). Darüber hinaus fanden sich regelmäßig relevante Erlasse und Verfügungen abgedruckt. Unerlässlich waren zudem aktuelle Informationen über das Verbandsgeschehen.
Als der Schriftleiter Alexander Wollenhaupt 1902 zum Vorsitzenden gewählt wurde, gab er nach zwei Jahren sein Amt an den vereideten Landmesser Hans Hoffmann in Köslin ab, der zugleich Schatzmeister war (Mitt. 1902, S. 19). Äußerlich sichtbar wurde der Wechsel dadurch, dass die Vereinsmitteilungen nicht mehr in lateinischer Antiqua gedruckt wurden, sondern fortan in Fraktur erschienen (Abb. 2, vgl. Antiqua-Fraktur-Streit). Mit der Herstellung blieb aber weiterhin der Verlag Carl Seyffarth in Liegnitz (Legnica) betraut, der zugleich als Geschäftsstelle für die „Erledigung des Inseratenteils der Mitteilungen“ auftrat. Anlässlich des Schriftleiterwechsels beschloss die Mitgliederversammlung ferner eine Aufwandsentschädigung für die Schriftleitung in Höhe von 300 Mark jährlich. Demgegenüber beliefen sich die Kosten für Druck und Versand von jeweils sechs Nummern auf rund 900 Mark jährlich (Mitt. 1903, S. 41).
Für sein Honorar musste der Schriftleiter die Herausgabe der anfangs sechsmal und ab 1904 achtmal jährlich erscheinenden Mitteilungen praktisch im Alleingang bewältigen. In den Sitzungsberichten über die Hauptversammlungen finden sich immer wieder solch symptomatische Sätze wie: „Der Schriftleiter gibt einen kurzen Bericht über seine Tätigkeit und beklagt sich über die mangelnde Mitarbeit der Mitglieder“ (Mitt. 1903, S. 37). Dennoch währte die Ära Hoffman immerhin bis Heft 5/1909 der mittlerweile auf 8 Ausgaben mit insgesamt rund 200 Seiten jährlich angewachsenen Mitteilungen. Erst auf der Hauptversammlung 1909 in Danzig beantragte Hoffmann, „ihn wegen Arbeitsüberlastung von seinen Ämtern zu entbinden“ (Mitt. S. 106).
Daraufhin erklärte sich der in Wittenberge ansässige Richard von Elsner bereit, das Amt zu übernehmen und wurde prompt mit 56 von 57 Stimmen zum neunen Schriftführer und Schriftleiter verpflichtet. Sein erstes Heft kam im August 1909 heraus. Sein letztes aber auch schon im November des Folgejahres. Zuvor erschien in Heft 6 vom 1910 die betrübliche Mitteilung „An unsere Leser!“: „In Folge längerer Krankheit, Krankenpflege und Todesfalls in der Familie war die Schriftleitung nicht im Stande, die fälligen Nummern unserer ‚Mitteilungen‘ rechtzeitig herauszugeben“ (Mitt. S. 131). Kurz darauf zeigte von Elsner dem „Vorstande die Niederlegung seiner Ämter“ an, worauf der Vorsitzende Wollenhaupt zuächst vertretungsweise (Mitt. 8/1910, S. 177) und später dauerhaft die Schriftleitung übernahm.
Abb. 1: Mitt. d. VsvL 3.1901,1Abb. 2: Mitt. d. VsvL 5.1903,1Abb. 3: Mitt. f. d. VsvL 15.1903,3
Als 1911 der Landesverband preußischer Landmesservereine (L.P.L.) geründet wurde, schloss sich auch die Vereinigung selbständiger in Preußen vereideter Landmesser dem neuen Dachverband an. Dies führte dazu, dass sich die Vereinigung dann 1913 auch der neu begründeten Gemeinschaftszeitschrift Der Landmesser anschloss und die eigene Zeitschrift nur noch auf Sparflamme als erheblich reduziertes Mitteilungsblatt von 8 bis 10 Seiten je Heft fortführte (Abb. 3). Nach nichtmal einem Jahr scherte die Vereinigung der selbständigen Landmesser im Streit aus dem Gemeinschaftsprojekt wieder aus und kehrte unter der bewährten Schriftleitung des Vorsitzenden Wollenhaupt wieder zur alten Erscheinungsweise zurück.
Ein lang anhaltendes Leben war dem reaktivierten Verbandsorgan allerdings nicht beschieden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde das Erscheinen mit Ausbruch des ersten Weltkriegs noch im laufenden 16. Jahrgang eingestellt. Die ausschließlich in der Bibliothek des Instituts für Geodäsie und Geoinformation (IGG) der Universität Bonn vorhandene Ausgabe Nr. 3 vom Juni 1914 (Abb.) ist vermutlich die letzte. Falls weitere Ausgaben erschienen, so haben sie zumindest nicht den Weg in öffentliche Bibliotheken gefunden. Mehr als ein oder zwei Hefte können das aber nicht gewesen sein. Denn der Erste Weltkrieg verhinderte alle weiterreichenden berufsständischen Aktivitäten, da viele Landmesser als sogenannte Einjährig-Freiwillige mit höherem Schulabschluss nach ihrem Wehrdienst Reserveoffiziere geworden waren.